Seidelbast, Daphne mezereum L. | Der Seidelbast gehört zu den ersten Gehölzen, die im zeitigen Frühjahr blühen. Der etwa ein Meter hohe, wenig verzweigte Strauch wächst fast überall in Europa, bevorzugt in Laub- und Mischwäldern. In den Alpen findet man ihn noch in Höhen bis zu 2.500 Meter.
Im Frühjahr riecht man den Seidelbast, bevor man ihn sieht. Dafür verantwortlich sind die kräftig rosarot gefärbten Blüten, die von März bis Mai noch vor dem Blattaustrieb erscheinen und langrüsselige Insekten zur Bestäubung anlocken. Die kelchförmigen Blüten sitzen direkt an den holzigen Stängeln, meist in Zweier-, Dreier- oder Vierergruppen. Aus ihnen reifen von August bis November erbsengroße, tomatenrote Steinfrüchte heran. Die lanzettlichen Blätter entwickeln sich erst am Ende der Blühzeit. Sie stehen in dichten Quirlen am Ende der Zweige.
Der Seidelbast ist unter vielen deutschen Namen bekannt, die Hinweise auf seine unterschiedlichen Eigenschaften und Wirkungen geben: „Seidel“ ist eine Umbildung aus dem altdeutschen Wort „zidal“, was Biene bedeutet und darauf verweist, dass der Seidelbast eine der ersten Bienenweiden im Frühling darstellt; „bast“ steht für die blasenverursachende Wirkung der Rinde. Aus dieser zähen Rinde wurden früher auch Schnüre hergestellt. Volkstümliche Namen wie „Kälberhals“ weisen darauf hin, dass diese Schnüre Kälbern um den Hals gehängt wurden, um Läuse zu vertreiben. Ein weiteres Synonym ist „Kellerhals“. Das stammt vom mittelhochdeutschen Wort „kellen“ und bedeutet quälen, was auf die giftigen Eigenschaften des Seidelbasts hindeutet. Bei einer Vergiftung kommt es zunächst zu einem heftigen Kratzen und Brennen im Mund. Lippen- und Gesicht schwellen an, es folgen Leib- und Kopfschmerzen, Benommenheit, Brechreiz, blutige Durchfälle und ein Kreislaufkollaps.
Tatsächlich ist der Seidelbast in allen Teilen außerordentlich giftig. Als Giftstoffe sind Daphnetoxin in der Rinde und Mezerein in den Samen zu nennen. Ein weiteres Synonym, „Deutscher Pfeffer“, lässt nichtsdestotrotz darauf schließen, dass die Früchte des Seidelbasts trotz ihrer Giftigkeit Einzug in die Küche gefunden hatten, und zwar zum Scharfmachen von Essig. Dieser Brauch ist aus heutiger Sicht in keinster Weise zur Nachahmung empfohlen! Daneben hat man die Früchte des Seidelbast früher als Brechmittel, bei Verstopfung sowie äußerlich in Pflastern und Salben bei Gicht, Rheuma und Hautleiden verwendet. Außer den Früchten kam auch die Rinde in Form von Pflastern zur Schmerzlinderung von Rheuma zum Einsatz, aber auch bei Verstopfung, Keuchhusten und Magenbeschwerden. Aufgrund der Giftigkeit findet der Seidelbast heutzutage nur noch in homöopathischen Präparaten Anwendung (Mezereum). Für manche Vogelarten, wie Drosseln, Rotkehlchen, Grasmücken und Bachstelzen, sind die Beeren aber nicht giftig. Sie sorgen für die Verbreitung des Samens.
Zu guter Letzt möchte ich Ihnen noch die warnenden Worte von Karl Heinrich Waggerl mit auf den Weg geben:
„Wie lieblich duftet uns im März
der Seidelbast! Doch innerwärst
ist er voll Gift und Galle!
weil wir, in diesem Falle,
das Wunder nur beschauen sollen,
man muss nicht alles kauen wollen!“
geschrieben von Apothekerin Sigrid Billig als „Gartenvisite auf Distanz" für Dienstag, den 21.4.2020