Blutdruckmesser

Die Bewegung des Blutes in den Schlagadern wird seit Jahrhunderten als diagnostisches Kriterium herangezogen. Doch bis ins 19. Jahrhundert hinein interessierten sich die Ärzte nicht für die messbaren, quantitativen Aspekte der Herzaktionen wie Schlagfrequenz oder Blutdruck, sondern für die fühlbaren, qualitativen Aspekte des Pulses. Sie entwickelten eine außerordentlich fein differenzierende Systematik der Pulsqualitäten, ähnlich wie sie heute noch in der Traditionellen Chinesischen Medizin gelehrt wird.

Im 19. Jahrhundert begann man, die Eigenschaften des menschlichen Körpers mit physikalischen Verfahren zu untersuchen, zu messen und zu vergleichen. Dabei wurden unterschiedliche Geräte entwickelt, mit denen der am Handgelenk getastete Puls dargestellt und in Kurven übertragen, teils auch gemessen werden konnte. Diese „Sphygmomanometer” waren noch recht umständliche, nur vom Fachmann verwendbare Geräte, die sich nicht für die Anwendung bei Hausbesuchen oder durch Laien eigneten.

Erfindung durch Scipione Riva-Rocci
Das heute übliche Verfahren der Blutdruckmessung am Oberarm wurde 1896 durch den italienischen Arzt Scipione Riva-Rocci vorgestellt. Das Deutsche Medizinhistorische Museum besitzt ein Blutdruckmessgerät, das noch nach dem ursprünglichen Prinzip konstruiert ist. Dieser Veteran der Blutdruckmessung besteht aus einer Quecksilbersäule, einem Ballon und einer Oberarmmanschette. Das Raffinierte dabei war die von Riva-Rocci entwickelte Manschette, für die er eine erst wenige Jahre alte Erfindung nutzte: einen Fahrradschlauch. Das Prinzip des einfachen, luftgefüllten Gummireifens war 1888 von dem britischen Tierarzt John Boyd Dunlop entwickelt worden. 1889 stellte der französische Industrielle Édouard Michelin dann einen Gummireifen mit austauschbarem Luftschlauch vor. Einen solchen Fahrradschlauch aus Kautschuk verwendete Riva-Rocci für seine aufblasbare Manschette.

Für die Untersuchung legte man die Manschette am Oberarm des Patienten an. Dann fühlte man den Puls am Handgelenk und pumpte mit dem Ballon die Manschette so lange auf, bis sie die Oberarmarterie völlig zusammendrückte und der Puls verschwand. Dabei stieg das Quecksilber in der Messsäule an. Dann ließ man den Druck langsam ab und beobachtete gleichzeitig das Sinken des Quecksilbers in der Säule. Sobald der Manschettendruck unter den Spitzendruck des Blutes abfiel, begann wieder Blut durch die Arterie zu fließen und der Puls wurde wieder tastbar. Der von der Quecksilbersäule in diesem Moment angezeigte Druck entsprach der Blutdruckspitze, die entsteht, wenn das Herz das Blut in die Schlagadern presst, also dem systolischen Druck. Der diastolische Druck war mit dem Verfahren von Riva-Rocci ursprünglich nicht messbar.

Ergänzung durch Nikolai S. Korotkow
Dies änderte sich einige Jahre später, als der russische Militärarzt Nikolai Sergejewitsch Korotkow dieses Verfahren durch die Auskultation in der Ellenbeuge ergänzte. Er hatte beobachtet, dass beim Absenken des Manschettendrucks in der Ellenbeuge Gefäßgeräusche entstehen, die erst abbrechen, wenn der diastolische Druck erreicht und die Schlagader wieder völlig durchgängig ist.

 

Literatur:

S. Eckert: 100 Jahre Blutdruckmessung nach Riva-Rocci und Korotkoff. Rückblick und Ausblick. In: Journal für Hypertonie 10 (2006), Heft 3, S. 7-13


Autorin:

Prof. Dr. Marion Ruisinger

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