Der Schäfflertanz feiert das Ende der Pest | Heute, am Sonntag, den 17. Mai, öffnet das Deutsche Medizinhistorische Museum nach zwei Monaten Corona-Pause endlich wieder die Türen für seine Gäste! Nachdem der analoge Besuch nun wieder möglich ist, beenden wir heute auch unsere virtuelle Galerie „Covid-19 & History“. Wir danken allen, die unsere seuchenhistorischen Objektgeschichten auf der Website, auf Facebook und Instagram verfolgt haben. Das positive Feedback hat uns sehr gefreut! Ein ganz besonderer Dank aber gilt den Autorinnen und Autoren der Objektgeschichten. Was zunächst nur als Blick in unsere eigene Sammlung gedacht war, wuchs zu einer seuchenhistorischen Metasammlung an, die nun stolze 60 Objektgeschichten von 27 verschiedenen AutorInnen aus 15 Städten und 3 Ländern umfasst. Gemeinsam konnten wir das selbstgewählte Motto umsetzen: „Jeden Tag ein Objekt“.
Der Blick in die Geschichte der Seuchen hat immer wieder gezeigt, dass wir – trotz der modernen wissenschaftlichen Medizin – bei einer neuen Epidemie letztlich dieselben Maßnahmen ergreifen wie früher und ähnliche gesellschaftliche Reaktionen zu bewältigen haben. Wie schön wäre es doch, wenn sich auch zum Tanz der Schäffler eine Parallele in unserer Gegenwart finden würde. Wie werden wir wohl das Ende von Covid-19 feiern?
Der Schäfflertanz erinnert an die Pest, die im Jahr 1517 in München wütete. Die Angst vor Ansteckung war so groß, dass sich niemand mehr auf die Straße traute. Als die Seuche endlich abzuklingen schien, waren nach der Überlieferung die Schäffler die Ersten, die sich auf die leergefegten Straßen und Plätze wagten. Um den Münchnern wieder Lebensmut zu geben, führten sie ihren traditionellen Zunfttanz auf. Zum Dank und zum Andenken an diese schreckliche Pest ordnete der bayerische Herzog Wilhelm IV. an, dass die Schäffler ihren Tanz auch weiterhin aufführen sollten. Auch in anderen Städten griff man diese Tradition auf – so auch in Ingolstadt, wo die Schäffler seit 1902 auftreten. Am 16. Februar 2019 war die Schäfflergilde des MTV Ingolstadt erstmals im Deutschen Medizinhistorischen Museum zu Gast. Im Arzneipflanzengarten war zu wenig Platz, aber auf dem Hof hinter unserem Neubau konnten die Schäffler ungehindert tanzen. Damals entstand das Foto zur heutigen Objektgeschichte.
Übrigens zeigt auch das bekannte „Männleinlaufen” am Neuen Rathaus in München den Tanz der Schäffler. Tagtäglich lockt dieses Schauspiel zahlreiche Schaulustige an. Pünktlich um 11 und 12 Uhr (im Sommer auch um 17 Uhr) setzt das Glockenspiel im Rathausturm zwei Ereignisse aus der Münchner Stadtgeschichte in Bewegung: Im oberen Bereich die im Februar 1568 gefeierte Hochzeit von Herzog Wilhelm V. mit Renate von Lothringen, und im unteren Bereich den Schäfflertanz.
Heute dürfen wir zwar die Öffnung des Museums feiern. Aber den Freudentanz müssen wir noch ein wenig vertagen. Mit 1,50 Meter Sicherheitsabstand böte er doch ein trauriges Bild.
Autorin:
Prof. Dr. Marion Ruisinger
Deutsches Medizinhistorisches Museum Ingolstadt
Online-Quelle:
münchen.de: Glockenspiel. Ein Anziehungspunkt für Touristen. link (Zugriff 16.5.2020)
Veröffentlicht in der Galerie „Covid-19 & History“ am 17.5.2020, dem Tag der Wiedereröffnung des DMMI nach der Corona-Pause!